Prager Quadriennale 2019
Vom 06. bis 16. Juni 2019
Der deutsche Beitrag widmet sich Bert Neumann
Die Prager Quadriennale für Szenografie und Theaterraum steht unter dem Motto „Porous Borders“. Sowohl Fachleute als auch Studierende und andere Interessent*innen können teilnehmen.
Vom 6.6.-16.6.2019 findet die 13. Prager Quadriennale statt. Das ITI übernimmt dabei die Produktion des Deutschen Beitrags, der Bund der Szenografen ist Kooperationspartner. Ausgestellt werden die stilprägenden Arbeiten des Künstlers, Bühnen- und Kostümbildners Bert Neumann. Der deutsche Beitrag der Ausstellung, die sich auf den Außen- und Innenbereich der PQ aufteilt, wird am 5.6. mit einem Konzert der Band Goshawk inoffiziell eröffnet.
Der deutsche Beitrag zur diesjährigen PQ widmet sich Bert Neumann.
Er wird von Lenore Blievernicht und Christiane Kues kuratiert. Das erweiterte kuratorische Team besteht aus Lenore Blievernicht, Martin Breine, Jens Crull, Joscha Eckert, Thomas Engel, Erhard Ertel, Christiane Kues, Anke Marschall, Leonard Neumann, Pasztori Simons Architekten, Oliver Proske, Pamela Schlewinski und Thilo Wittenbecher.
Im Außenbereich der PQ werden die Zirkuswagen „Hate&Love“ ausgestellt, von Bert Neumann als ausgediente Zirkuswagen entdeckt und wiederhergerichtet, die in zahlreichen Vorstellungen der Produktion "Tal der fliegenden Messer" eingesetzt wurden. Die Wagen wurden zum Zwecke der PQ instandgesetzt und werden auf dem Ausstellungsgelände von den Kuratorinnen Lenore Blievernicht und Christiane Kues künstlerisch in Szene gesetzt.
Im Innenbereich der Ausstellung wird ein Zitat aus Arbeiten Bert Neumanns zu sehen sein. An einem Traversenkreis werden zwei bedruckte Stoffe gehangen, die sich über ein Motorsystem unabhängig von einander bewegen lassen. Hier können Besucher*innen der Ausstellung die Kernelemente von Bert Neumanns Arbeiten erleben: nichtstatische Theaterräume, die sich jederzeit wandeln lassen, erzeugt mit Materialien des Alltags, wie etwa rot-weiß gestreiften Markisenstoffen und Monoblock-Stühlen.
Im Rahmen der Ausstellung entsteht ein Katalog, der einen Überblick über die Arbeiten von Bert Neumann bietet, mit Texten von René Pollesch und Jonathan Meese. Der Katalog kann ab Anfang Juni erworben werden.
Der deutsche Beitrag wurde gefördert durch das Auswärtige Amt/ Goethe Institut Prag, der Beauftragten des Bundes für Kultur und Medien und der Senatsverwaltung für Kultur und Europa des Landes Berlin. Mit freundlicher Unterstützung des Deutschen Bühnenvereins. Produziert vom ITI Zentrum Deutschland in Kooperation mit dem Bund der Szenografen.
Servic / No Service - Bert Neumann
Katalogtext zur Prager Quadriennale
In seiner letzten Arbeit in der Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz standen die Lettern NO SERVICE über einem Raum, der die Trennung von Bühne und Zuschauer vollständig aufhob. Bert Neumann hatte für die gesamte Spielzeit 2015-17 den Straßenraum ins Theater geholt, in dem er statt der Sitzreihen Asphalt auf eine ansteigende Schräge bis in das obere Foyer des Theaters gießen ließ. Dieser neu entstandene Raum, umgeben von schwarzglänzendem Niagara-Lametta, zeigt seine Arbeitsweise: Neumann verwandelte mobile, temporäre oder ganze Raumarchitekturen in offene Systeme, die gleichermaßen von Schauspielern, Regisseuren, Souffleusen, Kameraleuten, Ankleidern, Technikern und den Zuschauern belebt wurden. Im Innen - und zugleich Außenraum zu sein, forderte als räumliche Setzung die Routine des Theaterbetriebs immer wieder heraus. Durch das häufige Zitieren von alltäglichen Materialien aus populären Kulturen wie Lametta, Monoblockstuhl oder Markise suchte er einen ästhetischen Wiedererkennungswert: „Mich interessieren Materialen und Objekte, die einen bestimmten Eigenwert haben, die von sich aus eine Geschichte erzählen.“ *
Die Wagen Hate & Love erzählen eine lange Geschichte als Teil des Rummelplatzes, des öffentlichen Lebens. Ursprünglich als alte ausgediente Zirkuswagen gefunden, wurden sie in der Werkstatt der Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz restauriert. Dabei gestaltete Bert Neumann die Wagen neu und nahm sie später für die Produktion „Tal der fliegenden Messer“ von René Pollesch mit auf die Reise der Ruhrtriologie. Sie waren Garderoben - und Maskenwagen, Teeküche, Schlafwagen und Bühne für Videoübertragung zugleich. 2018 konnten sie von der Bert Neumann Association (BNA) aufgenommen werden. Mit dem Nachlass zu arbeiten, bedeutet Zitate aus einem Repertoire konkreter Materialien und beweglicher Formate zu benutzen, die nicht nur die Arbeitsweise darstellen, sondern ihre diskursive Auseinandersetzung in Theorie und Praxis weiterführen sollen.
Durch das künstlerische Werk von Bert Neumann zieht sich seit den Nullerjahren z.B. Markisenstoff: oft rotweiß, manchmal auch schwarzweiß gestreift. So entstanden mit den hängenden Stoffen nichtstatische Theaterräume, die sich mit einfachen Mitteln schnell verwandeln ließen.Hinter Neumanns ästhetischen Entscheidungen lässt sich eine Haltung erkennen, die er auch als Grundverabredung für Zusammenarbeit verstanden hat, die die Souveränität des Einzelnen, also des Schauspielers, Regisseurs, Bühnenbildners, Künstlers usw. behauptet: man sollte nicht im Auftrag funktionieren, sondern im Selbstauftrag. **
*Bert Neumann in Wolfgang Kralicek, „Rummelplatz der Emotionen“, Falter 23/10, S.24
** aus Gesprächen mit Bert Neumann
Fotos: Sonja Kloevekorn, Oliver Proske
PQ Talks
Das Goethe-Institut Prag und die Zeitschrift Theater der Zeit veranstalten die Gesprächsreihe PQ talks. Die Künstlergespräche bieten Raum für den Austausch verschiedenster Auffassungen im künstlerischen und akademischen Umfeld. Sie helfen zu verstehen, wie Performance Design von Künstlern mit verschiedenen Herkünften und Hintergründen gedacht wird. Dabei werden auch verschiedene Bühnenbildner und Kulturschaffende aus Deutschland zu Gast sein:
Mo, 10.06.2019, 16:30 Uhr Sebastian Hannak, Florian Lutz
Do, 13.06.2019, 16:30 Uhr Bettina Meyer
Do, 13.06.2019, 19:00 Uhr Annette Kurz, Luc Perceval
Foto Sebastian Hannak: De-Da Productions
Foto Bettina Meyer: Matthias Horn
Foto Annette Kurz: Sinja Hasheider
Mehr Infos zur PQ:
Link zum deutschen Beitrag auf der Webseite der Prager Quadriennale 2019